Wie kommen Fellfarben zustande?
Nicht erst seit Disneys "1001 Dalamtiner" sind die süßen Hunde mit ihrer ausergewöhnlichen Fellfärbung im Trend. Gepunktet, gescheckt oder gestreift soll es sein. Inzwischen gilt: je exotischer, je bunter, je gemusterter, desto besser!
Aber wie kommen diese unterschiedlichen Färbungen denn eigentlich zustande?
Take Home Message
- Alle Fellfarben basieren auf den Pigmenten Eumelanin und Phäomelanin
- die Anzahl und Ausprägung der Pigmente werden genetisch bestimmt
- ein Zusammenhang zwischen Fellfarbe und Verhalten ist wissenschaftlich nicht belegbar
Variationen in der Fellfarbe gibt es vermutlich schon länger als es die Schrift gibt. Es existieren Zeichnungen von Hunden unterschiedlichster Färbung aus dem heutigen Ägypten, die auf 200 v.Chr. datiert wurden(1). Und bereits lange bevor Watson und Crick 1953 die Struktur der DNA aufklärten (8), machte sich Jakob im Alten Testament die Vererbungslehre zu Nutze, um Eigentumsstreitigkeiten um Ziegen und Schafe zu klären.
Seit dieser Zeit hat sich in Sachen Genforschung eniges getan. Inzwischen weiß man, auch dank Hochleistungs-Sequenzierung, dass Gene hier den Farbton angeben. Durch dieses Verfahren können genetische Karten erstellt werden, die die physikalische Lage von Genen auf einem Chromosom dokumentieren, den Genlokus.
Die Genloci auf einem Chromosomen können auch zwischen Individuen ein und derselben Rasse unterschiedliche Varianten annehmen. Diese Genvarianten werden als Allele bezeichnet. Jede Zelle des hündischen Körpers besitzt die vollständige Erbinformation bestehend aus 38 Chromosomenpaaren, je hälftig von Mutter und Vater. Als diploider Organismus, besitzt der Hund also von jedem Gen zwei Kopien. Liegen zwei gleiche Allele vor, handelt es sich um einen homozygoten Träger für dieser Merkmal. Zwei unterschiedliche Allele (auch durch Mutation) dagegen werden als heterozygot bezeichnet. Hinzu kommt, dass nicht alle Gene und Allele mit der gleichen Stärke zur Ausprägung kommen. Man unterscheidet hier zwischen dominant (latein. dominus, "Herr, beherrschend, überdeckend"), rezessiv (latein. "durchsetzungsschwach") und intermediär (latein. intermedius, dazwischen befindlich).
Dominant-rezessiver Erbgang. Braun ist hier dominant, weiss rezessiv. Beide Elterntiere sind homozygote Träger. Die erste Generation hat zu 100% die Fellfarbe braun, ist aber Träger beider Allele.
Illustrationen von https://smart.servier.com/
Und was bestimmen diese Gene nun ganz konkret?
Fellfarben basieren grundsätzlich auf pigmentierten Zellen, den Melanozyten, die Granula enthalten. Diese Granula können verschiedene Formen und Größen annehmen. Die Art der Lichtbrechung bestimmt die Farbe. Es gibt zwei Grundfarbstoffe (Melanine). Jede Fellfarbe ist am Ende des Tages eine Zusammensetzung der Grundfarben aus Eumelanin ("schwarzes Pigment") und Phäomelanin ("gelb-rötliches Pigment")(2). Weitere Faktoren wie das ''Dilute-'' oder das ''Merle-Gen'' erhöhen die Vielfalt und führen zu Aufhellungen oder Musterung.
Die Melanocyten werden bereits im Embryonalstadium, in der Neuralleiste, angelegt. Im Laufe der Entwicklung wandern die Zellen in alle Raumrichtungen und vervielfältigen sich (4). Kommt es zu Verzögerungen des Zelltransports während der Entwicklung, können nach der Geburt weiße, nicht pigmentierte Stellen zurück bleiben. Vielleicht haben ja auch eure Hunde weiße oder weniger pigmentierte Bäuche und Pfoten. Dann ist den Zellen metaphorisch gesprochen schlichtweg die Puste ausgegangen (4,5).
Sehen wir uns das Ganze mal am Beispiel des Dalmatiners an:
Die Grundfarbe des Dalamtiners ist weiß. Man vermutet, dass in dieser Rasse die Bildung pigmentierter Melanocyten reduziert ist und außerdem die Migration dieser in die Peripherie im Embryonalstadium zusätzlich verhindert wird (6). Und die charakteristischen Flecken? Diese Frage ist bis heute tatsächlich noch nicht vollumfassend geklärt. Man weiß aber, dass der "Ticking" Lokus hierbei die entscheidende Rolle spielt. Alle Dalamtiner sind homozygot für den "Piebald", "Ticking" und "Flecking" Lokus. Andernfalls hätten sie nicht ihre charakteristische Färbung (7).
Auch wenn durch die modernen Technik der Sequenzierung diverse Loci und deren Gene bereits gefunden werden konnten, gibt es nach wie vor viele Unbekannte in dieser Rechnung. Neben ungeklärten Musterungen und Färbungen, wird immer wieder darüber debattiert, ob die Fellfafrbe Auswirkungen auf das Wesen eines Tieres haben kann. Ist also etwas dran, am bösen schwarzen Wolf?
Klingt doch irgendwie absurd. Tatsächlich gibt es aber doch einige Wissenschaftler, die hier einen Zusammenhang sehen. Die Pigmente Eumelanin und Phäomelanin entstehen beide aus der Aminosäure Tyrosin mit HIlfe des Enzyms Tyrosinase. Beide Komponenten werden ebenfalls für die Bildung der Homrone Adrenalin und Noradrenalin, sowie von Neurotransmittern benötigt. Also ist nun doch etwas dran? Vermutlich nein. Dr. Anna Laukner, Tierärztin und Wissenschaftlerin schrieb ein Buch über "die Genetik von Fellfarben beim Hund" Sie hält die wenigen wissenschaftlichen Studien und die Schlussfolgerungen daraus für wenig plausibel. Tatsächlich sind valide Studien zu desem Thema rar, was unter anderem an der fehlenden Umsetzbarkeit liegt. In Summe ist die Herleitung von Tyrosin zum Verhalten schlichtweg zu simpel und es bleibt am Ende wohl nur bei dem Versuch ein sehr komplexes Zusammenspiel in Einsen und Nullen zu übersetzen.
Warum auch immer unsere Hunde am Ende nun schwarz, weiß oder braun sind, das wichtigste ist doch: wir lieben sie alle.
Jessica Welss
Quellen:
(1) Kaelin, C.B., Barsh, G. S. (2012.). Molecular Genetics of Coat Color, Texture and Length in the Dog (http://research.hudsonalpha.org/Barsh/wp content/BarshLabManuscriptPDFs/KaelinDogChapter2012.pdf)
(2)Ito, S. (1993) High-performance liquid chromatography (HPLC) analy- eie of ou- and phaoomolanin in melanogoneeh control. J. Inveat. Dermal., 100:166S-l71S.
(3) Sponenberg DP, Rothschild MF: Genetics of coat colour and hair texture. The genetics of the dog. Edited by: Ruvinsky A, Sampson J. CABI Publishing, New York, NY; 2001:61-85.
(4) Karlsson, Elinor K., et al. "Efficient mapping of mendelian traits in dogs through genome-wide association." Nature genetics 39.11 (2007): 1321-1328.
(5)Cattanach, B. "The'dalmatian dilemma': white coat colour and deafness." (1999).
(6) Little, Clarence Cook. "The inheritance of coat color in dogs." The inheritance of coat color in dogs. (1957).
(7) Cargill, Edward J., et al. "The color of a Dalmatian's spots: Linkage evidence to support the TYRP1 gene." BMC Veterinary Research 1.1 (2005): 1-3.
(8) Watson, James D., and Francis HC Crick. "The structure of DNA." Cold Spring Harbor symposia on quantitative biology. Vol. 18. Cold Spring Harbor Laboratory Press, 1953.
Kommentar schreiben