„Bitte einmal das Kokscurry!“ – „Mit Huhn?“- „Nein, mit Hund!“
Spaß beiseite! Hier geht es heute natürlich nicht um den Hund als Teil eines asiatischen Mittagsmenüs. Wir sprechen heute über die (angebliche) Macht des Koksöls und vor allem klären wir die Frage: Taugt Kokosöl tatsächlich als Anti-Zecken Mittel?
Take home message
- Kokosöl enthält fast ausschließlich gesättigte Fettsäuren
- Als Futterzusatz sind daher andere Öle sinnvoller
- Kokosöl enthält Laurinsäure, die bei Zecken und anderen Insekten Meideverhalten auslösen könnte
Macht es Sinn Kokosöl ins Futter zu geben?
Fett besteht in seiner Grundform immer aus Glycerol, sowieso ein bis drei Fettsäuren. Das Grundgerüst bilden Kohlenstoffatome, die untereinander durch Einfach- oder Doppelbindungen verbunden sind. Je nach Anzahl der Doppelbindungen werden die Fettsäuren in gesättigte, einfach ungesättigte und mehrfach ungesättigte Fettsäure eingeteilt (siehe Bild). Fett ist immer eine Mischung aus verschiedenen Fettsäuren. Kokosöl besteht zu 90% aus gesättigten Fettsäuren (1,2). Aber ist das jetzt gut oder schlecht?
Weder noch. Obwohl ungesättigte Fettsäuren im Volksmund gerne als die guten Fette bezeichnet werden, sind gesättigte Fettsäuren ebenso lebensnotwendig. Dennoch, ungesättigte Fettsäuren sind besonders wertvoll, da sie aufgrund ihrer chemischen Beschaffenheit wichtige Reaktionen eingehen können. Je mehr freie Stellen, desto mehr Reaktionen sind möglich. Diese Reaktionen braucht der Körper für diverse organische Prozesse wie Zellerneuerung und Reparatur. Übrigens, je mehr gesättigte Fettsäuren ein Fett besitzt, desto härter wird es (Butter vs. Magerine)(1).
Aufbau von gesättigten und ungesättigten Fettsäuren. Die freien Bindestellen sind in blau markiert.
Wenn es uns bei der Zufütterung rein um die Fettsäuren geht, stinkt das allseits beliebte Kokosöl allerdings ganz schön ab. Sogar Butter hat hier eine Nasenspitze vorn. Distel-, Raps- und Hanföl belegen hierbei mit 93% ungesättigte Fettsäuren die oberen Ränge und sind ebenso wie Kokosöl für unsere Vierbeiner bekömmlich (3). Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt aus diesem Grund vor allem Rapsöl ganz oben auf den Speiseplan von Mensch (und Hund) zu setzen (4). Ausser Fettsäuren, ist in Kokosöl Vitamin E enthalten. Beim Raffinieren wird dieses jedoch zum Großteil zerstört, weshalb als Vitamin E- Lieferant schonend kaltgepresstes Öl das Mittel erster Wahl sein sollte.
Was kann Kokosöl gegen Zecken?
Es ist der Traum: endlich das EINE natürliche Zeckenmittel, ohne "Chemie"!
Ich muss zugeben, ich war skeptisch. Wenn ich meinen Hund nun also einfette, soll das gegen Zecken helfen? Wie soll ich mir das vorstellen? Rutschen die Zecken dann einfach vom Fellkleid ab oder liegt es am Ende am typischen Kokosgeruch? Folgendes habe ich bei meinen Recherchen herausgefunden:
Kokosöl enthält bis zu 52% Laurinsäure, eine Fettsäurekomponente (5). In einer wissenschaftlichen Studie von 2018 wurde die Wirkung von Kokosöl-Fettsäuren auf diverse Insekten, inklusive Zecken getestet. Dabei wurde Papier mit unterschiedlichen Konzentrationen getränkt und Zecken auf freie, unbehandelte Stellen entlassen. Die Wissenschaftler dokumentierten daraufhin das Verhalten der Tiere. Das Ergebnis:bei einer Fettsäurekonzentration von 2,5% bis 5% zeigten fast 100% der Zecken ein Meideverhalten. Eine Konzentration von 0,16% hielt immerhin noch über 50% der Tierchen fern (6). In der besagten Studie ist die Anzahl der eingesetzten Tiere, die sogennente n-Zahl, allerdings sehr klein. Zu bedenken geben möchte ich außerdem, dass die Wirksamkeit lediglich an zwei Zecken-Arten gestestet wurde. Eine Wirkung auf andere Zecken-Arten nach wissenschaftlichem Standard steht also noch aus. Ein weiteres Manko: außer der unten angegebenen Studie, konnte ich keine weitere wissenschaftliche Arbeit finden, in der die Wirksamkeit von Laurinsäure auf Zecken belegt wird.
Einige andere Studien stützten jedoch die Behauptung Laurinsäure sei ein zuverlässiges Insekten-Abwehrmittel. So wurden zum Beispiel verschiedene biologische Präparate gegen Mosquitos getestet. Und auch hier hatte Kokosöl tatsächlich die Nase vorn. 7% Fettsäure-haltiges Kokosöl wirkte noch nach durchschnittlich 2,3h und schützte die Testpersonen vor Insektenstichen (7). Festzuhalten ist an dieser Stelle, dass hierbei der Schutz durch das Auftragen der Präparate auf die Haut und nicht durch den Verzehr gegeben war. Dass Kokosöl durch Zufütterung ebenfalls eine Anti-Zecken Wirkung hat, halte ich für wenig wahrscheinlich.
Zusammengenommen gibt es also tatsächlich Hinweise auf eine Anti-Zecken Wirkung von Kokosöl, die allerdings bis zu jetzigen Zeitpunkt noch nicht ausreichend wissenschaftlich untermauert ist. Unklar ist außerdem, welche Prozesse in den Zecken tatsächlich ein Meidevehalten auslösen könnten. Über Chemorezeptoren an den Vorderbeinen sind diese aber tatsächlich in der Lage diverse chemische Verbindungen wahrzunehmen. Weitere Studien sind unerlässlich, um eine Wirksamkeit zweifelsfrei zu belgen.
MEIN Fazit: als Futterzusatz sind andere Öle weitaus attraktiver, aber als Zeckenschutz ist Kokosöl möglicherweise tatsächlich wirksam.
Ich werde Flóki vor den Spaziergängen nun deshalb vorsichtshalber regelmäßig einfetten.
Jessica Welss
Quellen:
(1) https://link.springer.com/article/10.1007/s12035-018-1029-5
(4) https://www.dge.de/index.php?id=52
(5) Inglett, George, ed. Tropical Food: Chemistry and Nutrition V2. Vol. 2. Elsevier, 2012.
(6) Zhu, Junwei J., et al. "Better than DEET repellent compounds derived from coconut oil." Scientific reports 8.1 (2018): 1-12.
(7) Qualls, Whitney A., et al. "Evaluation of Lotions of Botanical-Based Repellents Against Aedes aegypti (Diptera: Culicidae)." Journal of Medical Entomology 58.2 (2021): 979-982.