„Jetzt schling doch nicht so!“
höre nicht nur ich an der Kuchentheke. Viele Hunde schlingen ihr Futter derart herunter als könnte es tatsächlich noch davon laufen.
Herrchen und Frauchen versuchen das zu schnelle Fressen zu verhindern: kleinere Portionen, Anti-Schling Näpfe – Hauptsache Bello frisst nicht so hastig. Schließlich kann das gar nicht gesund sein - oder?
Kann das gesund sein?
Schlingende Hunde
So viel Wolf steckt noch im Hund
Wolf und Hund können nicht richtig kauen.
Das Schaf steht auf der Weide und nagt genüsslich an einem Grashalm. Wolf jagd Schaf. Wolf fängt Schaf. Wolf reißt Schaf.
Sie nutzen ihre Zähne also zum Fangen und Reißen der Beute.
Anders als viele andere Tiere, besitzen Wölfe, wie auch Hunde, keine Mahlzähne. Ihre hinteren Backenzähne sind lediglich zum Zerschneiden von Fleischstücken und Zerkleinern von Knochen da.
Hunde können rein anatomisch überhaupt nicht richtig kauen.
Mahlbewegung mit dem Kiefer durchzuführen ist für Wolf und Hund nicht möglich. Sie fressen demnach tatsächlich ohne zu kauen:
zerkleinern, schlucken - fertig.
Warum dein Hund nur schluckt
Es ist SALE.
Gucci, Prada und Dolce hauen ihre Produkte zu Schleuderpreisen raus. Und jetzt kommst du.
Du wühlst dich durch die Mengen, nutzt deine Krallen und grapscht nach Allem was du zu fassen kriegst. Brauchst du nicht Alles, aber du greifst es dir bevor es sich jemand Anderes schnappt.
Andere Szenerie. Gleiches Prinzip.
Hund und Wolf stehen in freier Wildbahn in ständiger Konkurrenz. Die gefangene Beute muss also schnellstmöglich erlegt und in zu bewältigende Stücke zerteilt werden.
Zack - Bum - Weginhaliert.
Oft werden große Nahrungsstücke später wieder hervorgewürgt und erneut zerkleinert.
Darum ist gut gekaut ist nicht immer halb verdaut
Hast du auch direkt Papa, Mama und Oma im Ohr?
Nervig, aber in unserem Fall berechtigt.
In unserem Speichelt befinden sich diverse Verdauungsenzyme. Die Vorarbeiter unseres Magens.
Anders jedoch bei unseren Hunden – ihnen fehlen diese Enzyme gänzlich. Ihr Speichel sorgt lediglich dafür, dass es so richtig flutscht.
Der Hundemagen
Der grobe Aufbau des Hundemagens entspricht der des Menschen.
Aufbau und Form
Der Magen des Hundes ist ein ein Sackmagen, bestehend aus: Kardia, Fundus, Korpus, Antrum und Pylorus.
Geformt ist er wie ein U, das an Bändern aufgehängt ist.
Stell dir eine fettleibige Marionette vor.
Schwerfällig oder nicht, diese Bänder verschaffen dem Magen eine gewisse Flexibilität. Diese begünstigt die gefürchtete Magendrehung.
Ingesamt ist der Magen im Verhältnis zur Körpergröße des Hundes relativ groß. Die Unverhältnismäßigkeit nimmt mit steigender Körpergröße jedoch ab. Kleinere Hunde sind deshalb generell anfälliger für Magenprobleme als größere.
Warum der Magen so viel abkann
Hast du dich schon Mal gefragt wie dein Hund Unmengen an Tampons, Essensresten und Fäkalien verdrücken kann ohne daran elendig zu verenden?
Der PH-Wert im inneren des Magens ist extrem sauer. Der PH-Wert eines Kuhmagens liegt bei 6,5 (fast neutral). Nachdem dein hund geschlungen hat, hat er einen Magen-PH von 2-3 (sauer).
Dadurch kann dein Hund auch mal ausnahmsweise an Aas und Knochen naschen.
Das wurde untersucht
Studie 1
In einer Studie von 2014 wurden 20 Hunde untersucht, die durchschnitt 2,8 Jahren vegan ernährt wurden.
Das Ergebnis:
- es wurde kein Unterschied zwischen Verganer und Kontrollgruppe gefunden
- Eisen-Werte waren normal
- kein Vitamin B12 Mangel (16)
Studie 2
Eine weitere Arbeit von 2019 aus Litauen bestätigte diese Befunde. Es wurden insgesamt 20 Hunde untersucht, die im Durchschnitt 2,15 Jahre vegan ernährt wurden. Die Blutwerte wurden vor und nach Ablauf der Zeit und mit einer Kontrollkohorte gleicher Größe verglichen.
Das Ergebnis:
- Unter den Fleischfressern zeigten 11 Hunde Nährstoffdefizite (Folsäuren, Vitamin B12, Calcium oder Eisen)
- Unter den Veganern hatten 2 Hunde eduzierte Folsäure-Werte (18)
Studie 3
Und Langzeitstudien? Im Jahr 1994 veröffentlichte People for the Ethical Treatment of Animals (PETA) einen Bericht, in dem 28 vegetarisch/vegan lebende Hunde bis ins hohe Alter begleitetet wurden. Allen Hunden wurde eine altersentsprechende Gesundheit bescheinigt (17).
Ist fleischlose Ernährung gesünder?
Nennen wir ihn Achim...
Achim ist ein Stubenhocker. Er zockt 20 h am Tag GTA und stopft dabei Unmengen an Fastfood in sich hinein. Achim sieht selten das Tageslicht.
Achim sitzt dabei aber immer brav auf seinem Sport-Rad und tritt in die Pedale beim Zocken. - Lebt Achim nun gesund?
Natürlich nicht. Ein Ton macht noch keine Symphonie.
Vegetarisch und vegan lebende Menschen setzten sich tendenziell mehr mit ihrer Ernährung auseinander, rauchen seltener, trinken weniger Alkohol und treiben mehr Sport. Diesen Lebensstil übertragen sie oft auch auf ihr Tier.
Ist also nicht allein die Ernährung Grund für den guten Gesundheitszustand der Hunde? Denkbar.
Gerade zu veganer Ernährung beim Hund ist die Datenlage lückenhaft. Die Professorin Ellen Kienzle, Lehrstuhlinhaberin für Tierernährung und Diätetik an der Ludwig-Maximilians-Universität München, rät daher eher zu vegetarischer Ernährung (19).
Was für eine fleischlose Ernährung spricht
Alle bisher publizierten Studien zeigen eines:
richtig abgestimmte fleischlose Ernärhung scheint Hunden nicht zu schaden.
Im Gegenteil. Es gibt Hinweise darauf, dass zumindest eine Zeitweise vegane Ernährung Nährstoffdefizite sogar ausgleichen kann (18).
Ein Blick in die Humanmedizin zeigt uns, zu viel Fleisch schadet dem Körper. Zu viel Fleisch erhöht das Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen, Schlaganfälle, Typ2 Diabetes und so gut wie alle Arten von Krebs (4-7).
Anders als viele immer noch glauben, hat sich auch der Hundekörper im Laufe der Entwicklung auf die Verwertung von Kohlehydrate eingestellt.
Ein Blick au frei lebende Hunde zeigt, dass eine 100%ig fleischhaltige Ernährung alles andere als "natürlich" zu sein scheint.
Eine Analyse der Nahrung von frei lebenden Hunden ergab einen tierischen Anteil von 24% bis 53%. Hunde greifen demnach höchst selbst zu Obst und Gemüse (20).
Darum ernähre ich meinen Hund inzwischen Teil-vegan
Ich lebe selbst seit 11 Jahren vegetarisch. Meine eigenen Ideale auch auf meinen Hund zu übertragen, kam mir dabei nie in den Sinn.
Die Recherche zeigte mir aber, dass
- eine 100% fleischhaltige Ernährung gar nicht "natürlich" ist
- eine richtig abgestimmte fleischlose Ernährung möglich ist
- vieles für eine (Teil)-vegane/vegetarische Ernährung spricht
Wir fallen immer wieder aus allen Wolken, wenn wir lernen, dass auch unsere Hunde unter den meisten menschlichen Volkskrankheiten wie Diabetes leiden.
Menschen wissen inzwischen, dass zu viel Fleischkonsum für sie gesundheitsschädlich ist, Entzündungen auslöst und damit das Risiko für Krebserkrankungen erhöht. Die einen nehmen es in Kauf, die anderen reduzieren sich und ändern ihre Gewohnheiten.
Fleischlose Ernährung erfuhr in den letzten Jahren, auch aus ethischen und ökologischen Gründen, einen wahren Aufwärtstrend.
Für eine komplette Umstellung auf vegetarische Ernährung ist mir persönlich die Datenlage noch zu dünn. Darum habe ich mich für eine Teil-vegane Ernährungsform entscheiden. Für die Umwelt. Und für die Gesundheit meines Tieres.
Jessica Welss
Kommt für dich eine fleischlose Ernährung deines Hundes in Betracht?
- Schreib es in die Kommentare.
Das könnte dich auch interessieren
Hier gehts zu den Quellen des Artikels
(1) www.Statista.com
(3) Fox N, Ward K. Health, ethics and environment: A qualitative study of vegetarian motivations. Appetite. 2008;50(2–3):422–429. pmid:17980457
(4) Kersche-Risch P. Vegan diet: motives, approach and duration. Ernahrungs Umschau. 2015;62(6):98–103.
(5) de Boer J, Aiking H. On the merits of plant-based proteins for global food security: Marrying macro and micro perspectives. Ecological Economics. 2011;71:1259–1265.
(6) .Bella F, Justyna G, Ippolito A, Di Prima A, Sciacca S. Differences in the association between empirically derived dietary patterns and cancer: a meta-analysis. International Journal of Food Sciences and Nutrition. 2017;68(4):402–410. pmid:27894200
(7) World Health Organization. 2015 [cited 12 Dec 2017]. http://www.who.int/.
(8) Brown, W. Y. "Nutritional and ethical issues regarding vegetarianism in the domestic dog." Recent Adv. Anim. Nutr. Aust 17 (2009): 137-143.
(9) Brown, R. (1989). Protein in dog foods. Canine Veterinary Journal 30, 528–531.
(10) Ovodov, N.D.; Crockford, S.J.; Kuzmin, Y.V.; Higham, T.F.; Hodgins, G.W.; van der Plicht, J. A 33,000-year-old
incipient dog from the Altai mountains of Siberia: Evidence of the earliest domestication disrupted by the
last glacial maximum. PLoS ONE 2011, 6, e22821. [CrossRef] [PubMed]
(11) Buff, P.R.; Carter, R.A.; Bauer, J.E.; Kersey, J.N. Natural pet food: A review of natural diets and their impact
on canine and feline physiology. J. Anim. Sci. 2014, 92, 3781–3791. [CrossRef] [PubMed]
(12) Axelsson, E.; Ratnakumar, A.; Arendt, M.L.; Maqbool, K.; Webster, M.T.; Perloski, M.; Liberg, O.;
Arnemo, J.M.; Hedhammar, A.; Lindblad-Toh, K. The genomic signature of dog domestication reveals
adaptation to a starch-rich diet. Nature 2013, 495, 360–364. [CrossRef] [PubMed]
(13) Oelbaum, J. My Cat, the Vegan. Available online: http://www.webcitation.org/6ine9k5VK (accessed on
7 June 2016).
(14) Gentle World. Good Nutrition for Healthy Vegan Dogs. Available online: http://www.webcitation.org/
6ineIZmNQ (accessed on 7 June 2016).
(15) Peden, J. Vegetarian Cats & Dogs, 3rd ed.; Harbingers of a New Age: Troy, MT, USA, 1999.
(16) Semp, P.-G. Vegan Nutrition of Dogs and Cats. Master’s Thesis, Veterinary University of Vienna, Vienna,
Austria, 2014.
(17) People for the Ethical Treatement of Animals (PETA). Dog Health Survey. Available online: http://www.
helpinganimals.com/h-vegcat-survey.html (accessed on 8 December 2014).
(18) Kiemer, Lukas Andreas. "Vegan diet and its effects on the dog´ s health." (2020).
(19) https://www.sueddeutsche.de/muenchen/starnberg/hundefutter-fleisch-allergie-vegan-1.4737625
(20) Butler, J. R. A., and J. T. Du Toit. "Diet of free-ranging domestic dogs (Canis familiaris) in rural Zimbabwe: implications for wild scavengers on the periphery of wildlife reserves." Animal Conservation Forum. Vol. 5. No. 1. Cambridge University Press, 2002.
Du liest: Sommer - Flieschlos - warum ich meinen Hund inzeischen teil-vegan ernähre
Kommentar schreiben