Ist Bindung Rasseabhängig?

„Ich möchte es auf den Hund schieben können, wenn es mal stinkt.“

„Ich möchte jemanden, der immer für mich da ist.“

„Ich möchte einen besten Freund.“

 

Die Gründe sich einen Hund ins Haus zu holen sind vielfältig. Doch egal ob als Familienhund oder a dog with a job, eines wollen wir doch alle: einen besten Freund. 

 

Und doch kann die Bindung von Hund zu Hund gefühlt sehr unterschiedlich sein. Liegt das mitunter an der Rasse?

Mensch-Hund-Bindung



Wie der Mensch auf den Hund gekommen ist

Zwischen dem Hund von damals und Bello von heute liegt eine ganze Eiszeit.

 

Wissenschaftler gehen nicht davon aus, dass Hunde diese Kälteperiode überlebten. Das würde bedeuten, dass sich diese besondere Nähe zwischen Mensch und Wolf, dem späteren Hund, sogar mehr als einmal in der Geschichte der Menschheit entwickelte. 

Erste Spuren eines gemeinsamen Lebens von Mensch und Wolf finden sich bereits zwischen 25.000 und 18.000 Jahren v. Chr. Man geht heute davon aus, dass die ersten zahmeren Wölfe durch die Menschen vermutlich mit Nahrungsresten versorgt wurden. Nach und nach entwickelte sich der Wolf schließlich zum willkommenen Sozialpartner.

 

Die Transformation vom Wolf zum zahmen Hund ereignete sich, nach heutigen Erkenntnissen, vor etwa 14.000 Jahren – relativ zeitgleich, an zwei verschiedenen Orten in Asien und Europa.

 

Von Generation zu Generation wandelte sich so nicht nur das Verhalten der Tiere, auch ihr Äußeres veränderte sich: kleinerer Körperbau, kürzerer Schnauze. Zwischen 10.000 und 8.000 v. Chr. hatte sich der Hund dann schon über die gesamte Erde verbreitet. Hinweise auf eine gezielte Zucht zu dieser Zeit gibt es nicht.

 

Hunde sind seither zu einem festen Bestandteil des menschlichen Lebens geworden. Anfänglich als eine Art Zweckgemeinschaft entstanden (Futter gegen Schutz und Wärme) sind sie inzwischen zu Familienmitgliedern geworden.

Darum "müssen" uns Hunde womöglich mögen

Wolf und Hund teilen sich 99% aller Gene.

Vom Hund zum Wolf

Im Laufe der Evolution des Hundes kam es wahrscheinlich zu zwei genetischen Flaschenhälsen.

 

Ein genetischer Flaschenhals ist die Umschreibung einer genetischen Verarmung z.B. aufgrund von Erkrankungen, Umweltveränderungen o.Ä. Nur wenige Individuen einer Population gaben ihre genetische Ausstattung an ihre Nachkommen weiter.

 

Ein Flaschenhals begünstigte vermutlich die Domestikation des Wolfes. Ein weiterer, so wird vermutet, führte zur Entwicklung von Hunderassen [2, 3].

 

Noch heute teilen Wolf und Hund rund 99% aller Gene. Genom-Analysen, also die Analyse der gesamten genetischen Ausstattung,  brachten jedoch eine Reihe von Genen hervor, die während des Prozesses der Domestikation bevorzugt an die Nachkommen weitergegeben wurden [4]. Darunter befinden sich auch Gene mit einer neurophysiologischen Funktion. In Sachen Bindung spielen Hormone, wie Oxytocin, eine nicht unwesentliche Rolle [5]. So fanden Wissenschaftler heraus, dass sich die Verteilung der Rezeptoren für Bindungshormone zwischen monogam-lebenden von nicht-monogamen-lebenden Arten unterscheiden [6]. Genetische Varianten dieser Rezeptoren, so vermuten Forscher, haben auch die Transformation von Wolf zu Hund positiv beeinflusst [7].  

 

Im Puncto Kommunikation mit dem Menschen, haben Hunde ihren  Vorfahren inzwischen einiges voraus  [8, 9]. Sie sind im besonderen Maße in der Lage mit Menschen zu kommunizieren, menschliche Signale zu verstehen und zu interpretieren. Viele sehen auch genau darin das Erfolgsgeheimnis von Haushunden. Besonders sozialverträgliche Tiere setzten sich schließlich durch:  die Evolution des Hundes -  survival oft the friendliest? 

 

Ist Bindung Rasseabhängig ?

Was daür spricht

 

Der Mensch spielte Kuppler

Nachdem der Wolf zum Hund wurde, nahmen vermehrt Menschen Einfluss auf die hündische Reproduktion. Tiere wurden anhand verschiedener Kriterien ausgewählt und gezielt miteinander verpaart.

 

Zu Beginn der Mensch-Hund-Beziehung spielte die Arbeitstauglichkeit eine entscheidende Rolle bei der Partnerwahl. Die Anforderungen an die Hunde waren und sind  dabei durchaus verschieden:

Hütehunde, Meutehunde und Co

Eine erfolgreiche Arbeit mit einem Hütehund wie dem Border Collie zum Beispiel, basiert auf einem intensiven Austausch zwischen Hund und Hundeführer. Augenkontakt ist unabdingbar.

 

Die Arbeit mit Rassen wie dem Dackel oder Greyhound fußt auf ganz anderen Anforderungen. Hunde solcher Rassen müssen eine gewisse Unabhängigkeit und Entscheidungsfreude mitbringen.

 

Speziell Meute-Hunde, wie der Beagle, wurden historisch in Gruppen zu mehreren Tieren gehalten. Sie gelten Artgenossen gegenüber als extrem gut verträglich, Menschen gegenüber aber alles andere als anhänglich. Sie mussten mit ihren Jagdkumpels viel Zeit auf engstem Raum verbringen, waren aber auf der Fuchsjagd nicht selten Tagelang ohne ihre Menschen unterwegs.

 

 

Der Cavalier King Charles Spaniel dagegen, gilt als dem Menschen besonders zugewandt. Er ist der Nachfahre einer sehr alten Rasse, die speziell für den Adel gezüchtet wurde, um Kindern ein Spielgefährt zu sein und adeligem Frauen nachts das Bett zu wärmen. Ihre Nähe zum Menschen war also seit jeher ihr Trumpf.

  

Sind kleine Hunde Bindungsfähiger?

Fragebögen-basierte Untersuchungen kommen zu dem Ergebnis:

  • kleinen Hunderassen wie dem Yorkshire Terrier und dem Chihuahua wird ein höhreres Maß an Bindungsfähigkeit zugesprochen
  • sie zeigen aber auch vermehrt aggressives und Angst-assoziiertes Verhalten [16].

 

 Kleine Hunde sind weniger wehrhaft. Ist die Nähe zum Menschen also ihre Überlebensstrategie? - Möglich.

 

Allerdings basiert das Ergebnis dieser Studie alleinig auf der Einschätzung ihrerer Besitzer und ist daher mit Skepsis zu betrachten.

 

Arbeiten, in denen ein objektiverer Ansatz, nämlich der Strange Situation Test kamen zu einem anderen Ergebnis:

 

57 Hunde verschiedener Rassen wurden getestet. Darunter solche, die als besonders kooperativ gelten, als auch solche, die grundlegend als eher unabhängig eingestuft werden.

 

Die Wissenschaftler fanden dabei keinen Zusammenhang zwischen Rassen und „Bindungs-Score“ [17]. Damit bestätigten sie eine Arbeit von 1998, die zu dem gleichen Ergebnis kam [18].

Der Einfluss des Bindungshormons

Durch ihre genetische Ausstattung zeigen Hunderassen eindeutige Unterschiede in Sachen Temperament, Emotionalität, Problemlösendem Verhalten, Interkation mit dem Menschen, Trainierbarkeit und der Fähigkeit menschliche Kommunikation zu verstehen [11, 12, 13].

Studien zu Reinrassigen Hunden, Mischlingen und Schakalen deuten darauf hin, dass sich die Varianten des Rezeptors für Oxytocin, dem Bindungshormon, zwischen den Populationen unterscheiden [7].

 

Genetiker fanden auch einen Zusammenhang zwischen dem Bedürfnis nach Nähe und Freundlichkeit und Varianten des Oxytocin-Gens. Freundlichkeit war hier sogar Rasseabhängig [14]. Eine weitere Studie bescheinigte besonders alten Rassen ein weniger stark ausgeprägtes Bindungsverhalten als moderne Rassen [15].  

Wie wir die Bindung zu unserem Hund stärken können

Diverse Ratgeber setzen hier auf Herausforderungen, die gemeinsam überwunden werden sollen. Bringt das denn wirklich etwas?

 

- sehr wahrscheinlich JA!

 

 

Zumindest gibt es Erklärungsansätze, die das Phänomen des „Zusammenschweißens“ tatsächlich begründen können. Der biochemische Signalweg des Bindungshormons Oxytocin ist mit dem des Glückshormons Dopamin eng verknüpft [6, 19, 20].

 

Eine Unterdrückung des Glückhormons Dopamin führte in Präriewühlmäusen dazu, dass die Tiere nicht in der Lage waren eine Bindung zu ihrem Partner aufzubauen [21].

 

Gemeinsame Erlebnisse und Herausforderungen, die Hund und Halter gemeinsam meistern führen zur Ausschüttung von Dopamin was wiederum Auswirkungen auf Oxytocin hat. 

Jessica Welss

 



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Hier gehts zu den Quellen des Artikels

1.         Ovodov, N.D., et al., A 33,000-year-old incipient dog from the Altai Mountains of Siberia: evidence of the earliest domestication disrupted by the Last Glacial Maximum. PloS one, 2011. 6(7): p. e22821.

2.         Larson, G., et al., Rethinking dog domestication by integrating genetics, archeology, and biogeography. Proceedings of the National Academy of Sciences, 2012. 109(23): p. 8878-8883.

3.         Lindblad-Toh, K., et al., Genome sequence, comparative analysis and haplotype structure of the domestic dog. Nature, 2005. 438(7069): p. 803-819.

4.         Vonholdt, B.M., et al., Genome-wide SNP and haplotype analyses reveal a rich history underlying dog domestication. Nature, 2010. 464(7290): p. 898-902.

5.         Lim, M.M. and L.J. Young, Neuropeptidergic regulation of affiliative behavior and social bonding in animals. Hormones and behavior, 2006. 50(4): p. 506-517.

6.         Insel, T.R. and L.E. Shapiro, Oxytocin receptor distribution reflects social organization in monogamous and polygamous voles. Proceedings of the National Academy of Sciences, 1992. 89(13): p. 5981-5985.

7.         Bence, M., et al., Lessons from the canine Oxtr gene: populations, variants and functional aspects. Genes, Brain and Behavior, 2017. 16(4): p. 427-438.

8.         Gácsi, M., et al., Species-specific differences and similarities in the behavior of hand-raised dog and wolf pups in social situations with humans. Developmental psychobiology, 2005. 47(2): p. 111-122.

9.         Miklósi, Á., et al., A simple reason for a big difference: wolves do not look back at humans, but dogs do. Current biology, 2003. 13(9): p. 763-766.

10.       Hare, B., et al., The domestication of social cognition in dogs. Science, 2002. 298(5598): p. 1634-1636.

11.       Wobber, V., et al., Breed differences in domestic dogs’(Canis familiaris) comprehension of human communicative signals. Interaction Studies, 2009. 10(2): p. 206-224.

12.       Gnanadesikan, G.E., et al., Estimating the heritability of cognitive traits across dog breeds reveals highly heritable inhibitory control and communication factors. Animal cognition, 2020. 23(5): p. 953-964.

13.       Stewart, L., et al., Citizen science as a new tool in dog cognition research. PloS one, 2015. 10(9): p. e0135176.

14.       Kis, A., et al., Oxytocin receptor gene polymorphisms are associated with human directed social behavior in dogs (Canis familiaris). PloS one, 2014. 9(1): p. e83993.

15.       Tonoike, A., et al., Comparison of owner-reported behavioral characteristics among genetically clustered breeds of dog (Canis familiaris). Scientific reports, 2015. 5(1): p. 1-11.

16.       Serpell, J.A. and D.L. Duffy, Dog breeds and their behavior, in Domestic dog cognition and behavior. 2014, Springer. p. 31-57.

17.       Lenkei, R., et al., The relationship between functional breed selection and attachment pattern in family dogs (Canis familiaris). Applied Animal Behaviour Science, 2021. 235: p. 105231.

18.       Topál, J., et al., Attachment behavior in dogs (Canis familiaris): a new application of Ainsworth's (1969) Strange Situation Test. Journal of comparative psychology, 1998. 112(3): p. 219.

19.       Aragona, B.J., et al., Nucleus accumbens dopamine differentially mediates the formation and maintenance of monogamous pair bonds. Nature neuroscience, 2006. 9(1): p. 133-139.

20.       Shahrokh, D.K., et al., Oxytocin-dopamine interactions mediate variations in maternal behavior in the rat. Endocrinology, 2010. 151(5): p. 2276-2286.

 

21.       Aragona, B.J., et al., A critical role for nucleus accumbens dopamine in partner-preference formation in male prairie voles. Journal of Neuroscience, 2003. 23(8): p. 3483-3490.

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